Die Maschinenstürmer und wir: Was die Vergangenheit uns heute lehrt

Im ersten Teil ist 'meine Einordnung zu heute'. Ich halte sie für relevanter, darum an erster Stelle.

 

Im zweiten Teil kommt die 'Die allgemeine historische Betrachtung' die wir als Gesellschaft als etabliert anschauen

Eine heutige Einordnung: Warum die Maschinenstürmer relevant bleiben

Erstens mal: der nötige Zeithorizont

Ausgangspunkt: Der lange Schatten der Geschichte


Die industrielle Revolution begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und markierte den Übergang von einer agrarischen zu einer industriell geprägten Gesellschaft. Die damaligen Entwicklungen – die Entstehung von Fabriken, die Mechanisierung der Landwirtschaft, das Anwachsen der Städte – veränderten das Leben der Menschen grundlegend. Diese Transformation vollzog sich innerhalb weniger Jahrzehnte und prägt wirtschaftliche, soziale und kulturelle Strukturen bis heute. Technische Erfindungen wie die Dampfmaschine von James Watt oder die Nutzung von Strom, revolutionierten nicht nur die Produktion sondern trieben einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel voran.

 

Diese Revolution stand im Zeichen der mächtigen, oft selbstbezogenen & männlichen Menschen, deren Wurzeln möglicherweise in den Führungsstrukturen früherer Stammesgesellschaften der letzten Jahrzehntausenden stammen.

 

Die Konsequenzen dieser tiefgreifenden Veränderungen sind uns heute vertraut: Die Proklamation eines ewigen wirtschaftlichen Wachstums als unantastbares Ziel spiegelt den Kern unserer heutigen wirtschaftlichen Ideologie wider.  Die industrielle Revolution legte – oder zumindest festigte – den Grundstein für unseren modernen Kapitalismus. Diese Entwicklungen wirken bis heute nach, nahezu unverändert. Unsere Kultur der Zivilisation wurde dadurch geprägt und hat sich weltweit ausgebreitet, wobei sie indigene Völker und andere Kulturen verdrängt und nur regionale Anpassungen zugelassen hat – sei es in islamischer, westlicher, russischer oder asiatischer Form. 

 

Diese globale Zivilisationskultur bildet das Fundament unseres modernen Kapitalismus und ist die strukturelle und systemische Ursache für soziale Ungleichheiten sowie den Raubbau an natürlichen Ressourcen. Sie treibt die Zerstörung unserer Umwelt und den Verlust der Biodiversität voran – einer Umwelt, von die wir letztlich existenziell angewiesen sind. Viele der gegenwärtigen politischen, sozialen und ökologischen Herausforderungen lassen sich direkt auf diese Epoche zurückführen, zumindest als deren Katalysator. Die industrielle Revolution und ihre Begleiterscheinungen markieren den Beginn unserer Zeit, den Beginn des Übergangs vom Homo Sapiens zum Homo Conscientius.

 

Der Blick auf die Zeit: Langfristige Konsequenzen in ihrer Dimension verstehen und beachten

 

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie entscheidend es ist, die industrielle Revolution als Beginn eines fortwährenden Prozess zu begreifen, dessen Auswirkungen uns auch heute noch formen. Betrachtet man die gesellschaftliche Entwicklung aus der Perspektive der Evolution, dann wird klar, dass wir uns als Spezies nur langsam an die Veränderungen anpassen, die wir selbst geschaffen haben. Die Mechanisierung und die Beschleunigung der Produktion waren für die Menschheit ein „schockartiger“ Entwicklungsschritt. Während die gesellschaftlichen Folgen der industriellen Revolution noch nicht vollständig verarbeitet sind, trat mit der digitalen Revolution eine weitere tiefgreifende Transformation in unser Leben. Weder haben wir die sozialen noch die ökologischen Konsequenzen dieser Veränderungen im Griff, noch haben wir eine wirkliche Ahnung, wohin uns die einzelnen Elemente dieser Revolutionen führen werden. Hätten wir uns im Tempo der Evolution angepasst, wären wir wohl kaum über das Fahrrad hinausgekommen..

 

Diese zweite Revolution – die digitale Revolution – begann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und hat sich seitdem in einem atemberaubenden Tempo beschleunigt. Technologien, die vor wenigen Jahrzehnten noch Science-Fiction waren, sind heute Realität. Das Internet, mobile Kommunikation und künstliche Intelligenz sind dabei, die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten und kommunizieren, grundlegend zu verändern. Doch obwohl diese Entwicklung sich so rasant entfaltet, sind wir evolutionsbiologisch immer noch dieselben Menschen, die in Stammes- und Dorfgemeinschaften, in grossen Familien lebten. Unsere biologischen Bedürfnisse und sozialen Strukturen haben sich jedoch kaum verändert, was dazu führt, dass viele Menschen unter den psychischen und sozialen Spannungen leiden, die diese neue digitale Welt mit sich bringt. Eigentlich sollten wir immer noch damit beschäftigt sein, die Maschinen des frühen 18. Jahrhunderts in unser Leben und unsere Umwelt einzuführen – und zwar so, dass sie evolutionär verträglich und nachhaltig in ihren Auswirkungen sind, also im Einklang mit der evolutionären Anpassungsfähigkeit des Menschen und seiner Umwelt.

 

Wenn wir unsere Entscheidungen, insbesondere in der Politik, auf diese zeitliche Perspektive stützen, können wir ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen gewinnen, denen wir heute gegenüberstehen. Es geht nicht nur darum, technologischen Fortschritt zu ermöglichen oder Wachstum zu fördern. Es geht darum, zu verstehen, dass unsere gesellschaftlichen Strukturen, unser Alltag und unsere gesamte Um- bzw. Mitwelt Zeit brauchen, um sich anzupassen. Die Erfahrungen aus der industriellen Revolution lehren uns, dass große Umbrüche oft auch verborgene Kosten mit sich bringen: soziale Unruhen, Ungleichheit und Umweltzerstörung. Diese Lektionen sollten wir nicht als etwas aus einer 'Zeit vor uns' betrachten, sondern als wertvolle Orientierung für die heutigen Herausforderungen. Vor allem sollten wir das Tempo hinterfragen, mit dem wir vorgehen – sei es bei neuen Entwicklungen oder bei den notwendigen Reaktionen auf die Fehler unserer Zivilisation.

Es geht ums Überleben. Nicht nur von uns Menschen, sondern von einem großen Teil der Lebewesen, die die Evolution hervorgebracht hat.

 

Vielleicht wird unsere Geschichte in mehreren tausend Jahren so erzählt werden, als hätten sich die entscheidenden Ereignisse an einem einzigen Tag abgespielt – von der industriellen Revolution bis hin zur digitalen Revolution mit ihrer künstlichen Intelligenz. Es ist unsere Aufgabe, klarzustellen, dass dieser „Tag“ nicht nur von technologischem Fortschritt, sondern auch von sozialer Ungerechtigkeit und fehlender Nachhaltigkeit geprägt ist. Wenn wir uns vor Augen führen, dass zwei Jahrhunderte im evolutionären Kontext kaum mehr als ein einziger Tag sind, gewinnen wir die nötige Perspektive, um den richtigen Weg für die Zukunft zu finden. Wir stehen mitten in einer Transformation, deren Auswirkungen über unser eigenes Leben und die der nächsten paar nachfolgenden Generationen hinausreichen werden. Die Art und Weise, wie wir heute handeln, wird nicht nur für uns, sondern auch für kommende Generationen den entscheidenden Unterschied machen – und den Weg bereiten für den Übergang zum Homo Conscientius.

Die evolutionäre Krise des Homo Sapiens: Der lange Weg zum Homo Conscientius

 

Die damalige mächtige Schicht des 18. Jahrhunderts. sowie die heutige mächtigen Schicht der Menschheit war, bzw. ist, optimiert für den Kapitalismus, als Zweck der Maximierung des persönlichen Ansammlung von Macht und des Eigentums ihrer Mitglieder.

Evolutionär betrachtet zeigt die heutige mächtige Schicht ein Verhalten, das stark an die Stammesoberhäupter der letzten 10.000 bis 70.000 Jahre erinnert. Damals wie heute sorgt diese Elite gut für ihre eigene Gruppe – oft mit einem persönlichen Vorteil. Ein Sinn für die Belange anderer Stämme oder für die Umwelt blieb jedoch weitgehend aus. So etwa die Abholzung von fast ganz Europa für zBsp die vielen Holzschiffe.

Mit der industriellen Revolution hätte es jedoch notwendig sein müssen, die gesamte Welt und die Auswirkungen auf die Menschheit und ihre Umwelt in den Blick zu nehmen.

Wir sollen das damals nicht gewusst haben? Stimmt nicht. Ein Bewusstsein für die langfristigen Folgen des Handelns gab es durchaus bereits: Die Irokesen mahnten in ihrer mündlichen Verfassung, Neuerungen stets mit Blick auf die nächsten sieben Generationen einzuführen, und die Hopi warnten, dass die Menschheit noch nicht bereit für schnelle Fortschritte sei. Oder auch die philosophischen Betrachtungen von herausragenden Griechen aus ihrer berühmten Zeit.

Despoten, Diktatoren und ähnliches der heutigen Zeit erinnern stark an narzisstische Stammesoberste. Sie sind es immer noch - unverändert. Reine Homo Sapiens.

Der Homo Conscientius ist noch eine Minderheit. Doch angesichts der Dringlichkeit der heutigen Herausforderungen könnte sich sein Aufstieg beschleunigen. Sollte er an die Macht kommen, wird dies friedlich geschehen – im Einklang mit der gesamten Mitwelt der Erde.

Aber es ist nun klar, der Niedergang des Homo Sapiens wird blutig verlaufen – tut es bereits – möglicherweise bis hin zu einem erneuten ‚Flaschenhals‘ in der menschlichen Entwicklung. Dies könnte das Ende des Homo Sapiens bedeuten und den Weg für den Homo Conscientius ebnen - ein Spezies, bei dem das stammesorientierte Denken, das auf Eigeninteresse einer begrenzten Gruppe und Abgrenzung beruht, weitgehend verschwunden ist.

Maschinenstürmer: Die etablierte historische Sichtweise

Die Maschinenstürmer, auch bekannt als Ludditen, waren eine Widerstandsbewegung des frühen 19. Jahrhunderts, die hauptsächlich in England aktiv war. Der Begriff „Ludditen“ leitet sich wahrscheinlich von Ned Ludd ab, einer möglicherweise mythischen Figur, die in England als eine Art Symbol oder Anführer der Bewegung betrachtet wurde. Der Name „Ludd“ wurde oft verwendet, um Briefe zu unterschreiben, die die Zerstörung von Maschinen forderten.

 

 

 

Historischer Hintergrund

Die Maschinenstürmerbewegung fand in der Zeit der industriellen Revolution statt, insbesondere zwischen 1811 und 1813. Zu dieser Zeit veränderte die industrielle Revolution in England viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Traditionelle handwerkliche Tätigkeiten wurden zunehmend durch Maschinen ersetzt, was zu einer enormen Produktivitätssteigerung führte, aber auch zu großen sozialen Spannungen.

Ursachen der Bewegung

Die Maschinenstürmer sahen in den neuen Technologien eine Bedrohung für ihre Lebensgrundlage. Die Einführung von mechanischen Webstühlen und anderen Maschinen, die von Dampfmaschinen betrieben wurden, führte dazu, dass viele Textilarbeiter ihre Arbeit verloren oder mit stark gesunkenen Löhnen konfrontiert wurden. Die Arbeitsbedingungen verschlechterten sich, und die Einkommen der Arbeiter nahmen ab, während die Maschinenbesitzer ihre Profite steigerten.

 

Viele Arbeiter sahen ihre Handwerkskunst und Fertigkeiten als entwertet an und befürchteten, dass die Maschinen zu einer breiten Verarmung der Arbeiterschicht führen würden. Die Ludditen glaubten, dass die Maschinen ungerecht verwendet wurden, um sie zu ersetzen und das Einkommen der Unternehmer auf ihre Kosten zu maximieren.

Aktionen der Maschinenstürmer

Die Bewegung äusserte sich in gewalttätigen Protestaktionen. Die Maschinenstürmer griffen in verschiedenen Gegenden Englands Maschinenfabriken an und zerstörten die Maschinen, insbesondere Webstühle und Spinnmaschinen, die für die Textilproduktion verwendet wurden. Die Protestaktionen waren insbesondere in den englischen Regionen Nottinghamshire, Yorkshire und Lancashire verbreitet.

 

Die Maschinenstürmer operierten oft nachts und trugen manchmal Masken, um ihre Identität zu verbergen. Die Aktionen zielten darauf ab, die Maschinenbesitzer davon abzuhalten, weitere Maschinen aufzustellen, und die Aufmerksamkeit der Regierung auf ihre schwierige Situation zu lenken.

Reaktion der Regierung

Die britische Regierung reagierte auf die Aktionen der Maschinenstürmer mit grosser Härte. Es wurden zusätzliche Truppen in die betroffenen Regionen entsandt, und Gesetze wurden verabschiedet, die die Zerstörung von Maschinen mit der Todesstrafe belegten. Die Regierung befürchtete, dass die Maschinenstürmer eine grössere politische Gefahr darstellen könnten, die das gesamte Wirtschaftssystem destabilisieren könnte. Daher wurden die Proteste rigoros unterdrückt, und viele der Anführer der Maschinenstürmer wurden verhaftet, vor Gericht gestellt und teilweise sogar hingerichtet oder ins Ausland deportiert.

Bedeutung und Folgen

Obwohl die Ludditen Bewegung keinen nachhaltigen Erfolg hatte, wird sie heute als ein wichtiges Symbol des Widerstands gegen technologische Entwicklungen betrachtet, die die Interessen der Arbeiter gefährden. Die Maschinenstürmer verstanden, dass der technologische Fortschritt nicht zu ihrem Vorteil genutzt wurde, sondern vielmehr um die wirtschaftliche Macht der Fabrikbesitzer zu stärken, während die Arbeiterklasse darunter litt.

 

In der historischen Betrachtung werden die Ludditen oft als Gegner des technologischen Fortschritts dargestellt, was jedoch verkürzt ist. Ihre Aktionen richteten sich nicht gegen die Maschinen an sich, sondern gegen deren Einsatzweise, die für die Arbeiterklasse sehr nachteilig war.

Moderne Parallelen

Der Begriff „Luddite“ wird heute häufig verwendet, um jemanden zu beschreiben, der gegen technische Innovationen ist oder Schwierigkeiten hat, sich an neue Technologien anzupassen. In vielerlei Hinsicht sind die Anliegen der Ludditen immer noch relevant, da wir auch heute in einer Zeit großer technologischer Umwälzungen leben, die den Arbeitsmarkt und die Arbeitsbedingungen stark verändern, etwa durch Automatisierung, künstliche Intelligenz oder digitale Transformation.

 

Die Maschinenstürmerbewegung kann somit als frühe Form des Protests gegen die negativen sozialen Folgen von technologischem Wandel verstanden werden – ein Thema, das uns auch heute noch begleitet, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen der Automatisierung auf den Arbeitsmarkt und den sozialen Zusammenhalt.