Instrumentarium für politische Entscheidungen

Zentrale Schlüsselfragen zur Beurteilung

Fördert der Vorschlag reife Mündigkeit aller Beteiligten – ohne neue Abhängigkeiten oder Fremdbestimmung zu erzeugen?

Leitgedanken zur Beurteilung:

  • Wird der Mensch in seiner Fähigkeit gestärkt, selbstverantwortlich, reflektiert und rücksichtsvoll zu handeln – oder wird sein Verhalten gelenkt, gesteuert oder paternalistisch beeinflusst?

  • Wird eine Form von Freiheit gefördert, die nicht auf Kosten anderer geht, sondern deren Gleichrangigkeit anerkennt?

  • Gibt es Mechanismen, die verhindern, dass neue Privilegien zur Entmündigung anderer führen?

  • Wird der Vorschlag so gestaltet, dass informierte, sozial eingebettete Entscheidungen möglich werden – auch für Menschen mit weniger Zugang zu Ressourcen?

  • Ermutigt der Vorschlag zur aktiven Teilhabe an Entscheidungsprozessen – oder wird über Köpfe hinweg entschieden?

Beispielhafte Prüfindikatoren:

 

  • Zugang zu Bildung und Information, die echte Wahl ermöglicht

  • Schutz vor manipulativer Kommunikation oder struktureller Abhängigkeit

  • Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Einspruch

  • Fairer Ausgleich bei Interessenskonflikten, ohne Schwächere zu überrollen

Fördert der Vorschlag Empathie, Beziehung und kooperative Verbindung – oder vertieft er Trennung und Abgrenzung?

Leitgedanken zur Beurteilung:

  • Fördert der Vorschlag ein Menschenbild, das den anderen als gleichwertig, mitfühlend und kooperationsfähig betrachtet – oder wird „der andere“ als Gefahr, Last oder Gegner behandelt?

  • Unterstützt der Vorstoß kulturelle, soziale und politische Brückenbildung – oder stärkt er Gruppenegoismen, Identitätsgrenzen oder Polarisierung?

  • Gibt es Raum für gemeinsame Lösungsfindung über Unterschiede hinweg?

  • Wird Vielfalt als Ressource und Chance behandelt – oder als Störung eines vermeintlich homogenen Ideals?

  • Schafft der Vorschlag Möglichkeiten zur solidarischen Verantwortungsteilung, auch über kulturelle oder ökonomische Unterschiede hinweg?

Beispielhafte Prüfindikatoren:

 

  • Inklusion statt Ausgrenzung benachteiligter Gruppen

  • Formulierungen, die nicht pauschalisieren oder Feindbilder bedienen

  • Förderung von Dialogformaten, Mediation, integrativen Prozessen

  • Schutzräume für Minderheiten, Meinungsvielfalt und partizipative Gremien

  • Mechanismen zur aktiven Förderung von Kooperationskultur (z. B. in Bildung, Nachbarschaft, Gemeinden)

Stärkt der Vorschlag langfristiges Denken und generationenübergreifende Verantwortung – oder bleibt er in kurzfristigen Interessen verhaftet?

Leitgedanken zur Beurteilung:

  • Wird die Entscheidung so angelegt, dass sie nicht nur für die jetzige Generation, sondern auch für kommende Generationen tragfähig ist?

  • Wird der Zeithorizont so gewählt, dass langfristige Auswirkungen, Nebenfolgen und Systemwirkungen mitgedacht werden?

  • Ist die Wirkung auf Kinder, Jugendliche, zukünftige Bürger:innen sowie auf nicht stimmberechtigte oder schwache Gruppen bewusst in den Entscheidungsrahmen integriert?

  • Wird verhindert, dass kurzfristiger wirtschaftlicher oder politischer Nutzen über tiefgreifende Langfristziele gestellt wird?

  • Wird Zukunft nicht bloß verwaltet, sondern aktiv gestaltet?

Beispielhafte Prüfindikatoren:

 

  • Integration generationengerechter Prinzipien (z. B. Zukunftsklauseln, Nachhaltigkeitsziele, ökonomische Langfristfolgen)

  • Bewertung der Maßnahme in Bezug auf nicht stimmberechtigte Gruppen (Kinder, zukünftige Generationen, Umwelt)

  • Planungshorizont von über 10, 20 oder 50 Jahren – statt nur Legislaturperioden

  • Berücksichtigung von Langzeitkosten, auch ökologisch, sozial, psychisch

  • Förderung von Bildungs- oder Lerninhalten, die Zukunftsfähigkeit stärken (z. B. systemisches Denken, ethische Reflexion, Zukunftskompetenz)

Berücksichtigt der Vorschlag ökologische Wirkungen als integralen Bestandteil – oder behandelt er Umweltfragen als Nebensache?

Leitgedanken zur Beurteilung:

  • Wird die ökologische Dimension gleichwertig mit ökonomischen und sozialen Aspekten betrachtet – oder nur nachgelagert?

  • Beruht der Vorschlag auf dem Verständnis, dass der Mensch Teil des ökologischen Systems ist – nicht dessen Beherrscher?

  • Werden planetare Grenzen respektiert – z. B. in Bezug auf Ressourcenverbrauch, Biodiversität, Emissionen, Flächenverbrauch?

  • Wird nicht nur Schadensbegrenzung, sondern aktive Regeneration angestrebt?

  • Sind Umweltwirkungen Bestandteil von Entscheidungsgrundlagen, nicht nur nachträgliche Bewertungen?

Beispielhafte Prüfindikatoren:

  • Einbezug von Umweltfolgenabschätzungen bereits in der Konzeption

  • Orientierung an planetaren Belastungsgrenzen (z. B. CO₂, Stickstoff, Artenvielfalt, Wasser)

  • Einsatz von Ressourcenschonung, Kreislaufdenken, ökologischer Innovation

  • Förderung von regenerativen Prozessen (z. B. Renaturierung, Bodenaufbau, biodiversitätsfreundliche Planung)

  • Vermeidung ökologischer Lastenverschiebung in andere Regionen oder auf kommende Generationen

Ist der Vorschlag systemisch gedacht – oder bleibt er in isolierten Einzelmaßnahmen stecken?

Leitgedanken zur Beurteilung:

  • Wird der Vorschlag in einem ganzheitlichen Zusammenhang gedacht – oder reduziert er komplexe Zusammenhänge auf eindimensionale Lösungen?

  • Werden Wechselwirkungen mit anderen politischen, ökologischen, sozialen oder kulturellen Bereichen berücksichtigt?

  • Wird das Risiko von unerwünschten Nebenfolgen oder Problemverlagerungen reflektiert?

  • Besteht ein Verständnis für Ursachen, nicht nur für Symptome?

  • Wird der Vorschlag regelmäßig evaluiert, weiterentwickelt und in größere Entwicklungen eingebettet?

Beispielhafte Prüfindikatoren:

  • Darstellung systemischer Zusammenhänge im Vorschlag (z. B. grafisch, textlich, durch Wirkmodelle)

  • Querschnittsprüfung über mehrere Politikfelder hinweg

  • Nachweis, dass nicht nur ein Symptom bearbeitet wird, sondern Strukturursachen erkannt und adressiert werden

  • Offenheit für interdisziplinäre Ansätze und Rückkopplungsschleifen

  • Vorhandensein eines dynamischen Lern- und Anpassungsrahmens für die Umsetzung

Befähigt der Vorschlag Menschen – oder macht er sie abhängig, passiv oder kontrolliert?

Leitgedanken zur Beurteilung:

  • Wird der Mensch in seiner Fähigkeit gestärkt, eigenständig zu denken, zu handeln und zu wachsen?

  • Eröffnet der Vorschlag Lernräume, Erfahrungsräume oder Entwicklungsmöglichkeiten – oder reduziert er den Menschen auf ein zu verwaltendes Objekt?

  • Besteht das Ziel darin, Menschen zu autonomen, verantwortungsvollen Gestaltern zu machen – oder sie durch Kontrolle, Überwachung oder rein technische Vorgaben zu lenken?

  • Wird strukturelle Abhängigkeit durch neue Machtverhältnisse (z. B. digitale Systeme, zentrale Behörden, ökonomische Zwänge) reflektiert und minimiert?

  • Fördert der Vorschlag eine Kultur der Teilhabe und Selbstwirksamkeit?

Beispielhafte Prüfindikatoren:

  • Bereitstellung von Zugang zu Ressourcen, Wissen und Gestaltungsmöglichkeiten

  • Dezentralisierung von Entscheidungskompetenz und Förderung lokaler Initiativen

  • Vermeidung von Maßnahmen, die paternalistisch oder übertechnokratisch wirken

  • Ermutigung zur Selbstorganisation, Kooperation und Verantwortungsübernahme

  • Schutz vor neuen Abhängigkeiten (z. B. digitale Infrastrukturen ohne Rückbindung an reale Selbstbestimmung)

Respektiert der Vorschlag die Gleichwertigkeit allen Lebens – und dient er dem Gemeinwohl?

Leitgedanken zur Beurteilung:

  • Wird der Mensch nicht nur als Individuum, sondern auch als Mitgestalter eines größeren Ganzen verstanden?

  • Steht das Wohl aller Beteiligten – auch nicht-menschlicher Lebewesen – im Zentrum?

  • Wird der Vorschlag so gestaltet, dass kein Teil der Gesellschaft systematisch benachteiligt oder ausgeschlossen wird?

  • Wird das Verhältnis von Individualinteresse und Gemeinschaftsverantwortung ausgewogen reflektiert?

  • Berücksichtigt der Vorschlag auch die Stimme der Natur, der Zukunft, der Machtlosen und der global weniger privilegierten?

Beispielhafte Prüfindikatoren:

  • Sichtbare Orientierung an Gemeinwohlprinzipien statt Klientelpolitik oder Einzelinteressen

  • Berücksichtigung ökologischer Mitwelt und künftiger Generationen in der Entscheidungslogik

  • Mechanismen zur Überprüfung auf Diskriminierung, Ungleichheit oder Machtmissbrauch

  • Einbindung vielfältiger Perspektiven bei der Ausarbeitung und Umsetzung

  • Förderung von sozialem Ausgleich, solidarischer Finanzierung, Zugangsgerechtigkeit

Welche Sprache, welches Menschenbild, welche Weltbilder vermittelt der Vorschlag implizit?

Leitgedanken zur Beurteilung:

  • Welche impliziten Annahmen über den Menschen werden durch die Sprache, Struktur und Logik des Vorschlags transportiert?
    Wird der Mensch als kooperativ, lernfähig, mitfühlend und entwicklungsfähig gesehen – oder als defizitär, triebhaft, steuerbar oder gefährlich?

  • Welche Begriffe dominieren: Kampf, Kontrolle, Schutz, Sicherheit, Sanktion – oder Verständigung, Entwicklung, Vertrauen, Verantwortung?

  • Welches Weltbild liegt dem Vorschlag zugrunde? Ist es geprägt von Trennung, Mangel, Konkurrenz – oder von Verbundensein, Potenzial, Fülle?

  • Wird Sprache genutzt, um Transparenz und Zugang zu schaffen – oder wird durch Komplexität, Fachjargon oder Emotionalisierung entmündigt?

  • Fördert der sprachliche Stil eine Kultur der Zuhörfähigkeit, Achtsamkeit und Differenzierung – oder der Vereinfachung, Polarisierung oder Behauptung?

Beispielhafte Prüfindikatoren:

  • Analyse zentraler Begriffe im Vorschlag (z. B. „Problemgruppen“, „Lasten“, „Kampf gegen …“)

  • Erkennbare Leitnarrative (z. B. Bedrohung vs. Chance, Kontrolle vs. Vertrauen, Anpassung vs. Gestaltung)

  • Verständlichkeit des Textes für unterschiedliche Zielgruppen

  • Wortwahl in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit: Verbindend oder spaltend? Respektvoll oder instrumentell?

  • Widerspruch zwischen offizieller Zielsetzung und tatsächlichem Sprachgebrauch